Dienstag, 14. August 2012

REZENSION: Zeit bis Mitternacht

Autorin:    Malou Berlin
Seiten:      306
Verlag:      Querverlag



Kurzinhalt:
Berlin 1987. In der noch geteilten Stadt verliebt sich die West-Berlinerin Franka in die Ost-Berlinerin Margareta. Fortan ist Frankas Leben vom Pendeln zwischen beiden Hälften der Stadt bestimmt, wobei sie immer wieder um Mitternacht Ost-Berlin wieder verlassen muss - nur um sofort wieder einzureisen.
Nicht nur deswegen reift in ihr langsam der Wunsch, komplett in Ost-Berlin zu bleiben und sich einbürgern zu lassen.

Meine Meinung:
Es ist als Verdienst der Autorin anzusehen, dass sie versucht, in diesem Buch das Ost-Berlin der späten 80er Jahre wieder auferstehen zu lassen. Dies ist rückblickend sicher nicht immer einfach und durch die eigene Biografie (sie selbst stammt aus Baden-Württemberg) gefärbt.

Diese subjektive Färbung beeinflusste auch mein eigenes Lesen und nun Einschätzen dieses Buches. Da ich selbst in Ost-Berlin aufgewachsen bin, habe ich einiges als "bekannt" wiedergefunden, einiges fand ich aber auch übertrieben oder falsch dargestellt.

Das macht es nicht einfach, eine angemessene Rezension zu verfassen und ich möchte daher an dieser Stelle darauf hinweisen, dass auch Rezensionen stets subjektiv sind und jede(r) Leser sich eine eigene Meinung bilden kann und soll. Ich kann hier nur meine persönlichen Eindrücke schildern.

Gestolpert bin ich als erstes über die Sprache der Ost-Berliner Protagonistinnen. Begriffe wie "urst" und "schau" waren auch einst in meinem Sprachschatz zu finden, allerdings haben wir diese eher als Teenager verwendet. Dass über 30jährige diese noch benutzen, erscheint eher befremdlich.

Dass diese zudem Kassetten hören, fand ich beeindruckend, kann ich mich doch noch genau an den Ost-Berliner Preis eines solchen Juwels erinnern: 20 Ost-Mark! Nicht gerade das, was man dann in den 80er Jahren gehäuft zu Hause hatte.

Wenn man bedenkt, dass das Buch in den späten 80er Jahren spielt, in der die Welt bereits im Umbruch war (immerhin war Gorbatschow bereits seit 1985 Generalsekretär der KPD und trat einige Entwicklungen los), ist es erstaunlich, dass diese zwischen den Hauptfiguren kaum zur Sprache kommen, obwohl sie natürlich (wenn auch geheimes) Thema der meisten Ost-Bürger waren.
Weder die Montagsdemonstrationen in Leipzig, noch später die großen Demos in Berlin werden hier erwähnt. Es ist, als wäre das Ost-Berlin der Autorin eine wirkliche politische Insel und die Mauer wäre 1989 "plötzlich" gefallen.
Einzig die gehäuften Ausreisen über Ungarn werden kurz erwähnt.

Insofern erscheint es seltsam, das Franka bis zum Schluss an ihrem Wunsch festhält, Bürgerin der DDR zu werden, während gleichzeitig nicht klar ist, warum die Ost-Berlinerinnen Margareta sowie ihre beste Freundin Ulli bleiben wollen (als Lesben immerhin stark in ihrem Leben eingeschränkt).
Zumal die Autorin immer wieder die Bedrohung durch die Stasi sowie Bespitzelung im Umfeld in das Geschehen mit einfließen lässt.Aber auch hier bleibt die Authentizität manchmal auf der Strecke: So wird etwa gleich am Anfang festgestellt, dass Magdalena - da sie für den FDGB arbeitet - auf keinen Fall Westkontakte haben darf, aber gleich auf der nächsten Seite schreibt sie eine (für alle gut lesbare!) Postkarte an die Geliebte im Westen.

Fazit:
Ein wichtiges Thema deutsch-deutscher Geschichte anhand einer interessanten Liebesgeschichte aufgearbeitet. Mir persönlich blieben nur zuviele Fragen offen.



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